Leseprobe:
Weg der Götter (Gerhard Ludwig)

Das Jahr 2013
Planet Erde

Seit Jahren schachern drei weltbeherrschende Blocks um die Verteilung der Macht:
Der afrikanisch/chinesische Block unter der offiziellen Fuchtel des sich ständig mit Intrigen und offener Korruption selbst lähmenden Nationenkongresses ACNC, wobei man munkelt, heimlich zögen die Chinesen die Fäden, um die Aufstiegsbemühungen der Afrikaner zu torpedieren und chinesische Positionen im Schatten der offiziellen Fingerhakelns klammheimlich in handfeste Fakten umzuwandeln. Chinesen mögen keine laute Politik.
Es folgt der amerikanische Block unter der Ägide des Multimillionärs D.W.George, de facto eine Marionette der U.S.-amerikanischen Wirtschaft, von dem Kritiker behaupten, er beliefere die Gegner unbequemer Staaten mit Waffen, um Widerstand zu schüren. Wenn das keinen Erfolg bringe, könne man die alten Machthaber immer noch direkt bekämpfen. Wenn der Plan dann nicht aufginge, notfalls auch die neuen! Auf diese Weise ist man Wohltäter, Lieferant und Bewahrer der Weltordnung in einem. Und man wird die veralteten Waffen los und kann Neuentwicklungen ausprobieren. Wie in Fern- und Nahost mehrfach bewiesen. Ein kleiner Napoleon! Das ist gut für die Wirtschaft. Die Wirtschaft der USA.
Für die eigenen Toten wird eine schicke Trauerfeier gehalten. Die Toten der Gegenseite waren zur falschen Zeit am falschen Ort – oder sind Terroristen. Das zieht immer.
Die Umwelt? Aber sicher! Seit 2007 ziehen alle US-Präsidenten ernsthaft in Erwägung, darüber nachzudenken.
Es folgt das zentralasiatische Pendant unter dem greisen russischen Geheimdienstgeneral Polutkin, dem guten Freund eines bereits verstorbenen deutschen Regierungschefs, für den seine fünfte Frau wohl eine zu viel war. Schade um den Mann. War ein großer Staatsmann und kein schlechter Schauspieler.
Jeder Block macht den anderen nach Belieben für eigenes Scheitern verantwortlich. Das ist normal! Schließlich will man ja nur das Beste für die eigene Bevölkerung. Also das Beste für die eigenen Günstlinge, die eigene Lobby. Damit das Beste für sich selbst. Für dieses Ziel wird, egal welchen Block wir betrachten, der Bevölkerung ein grandioses Schauspiel geliefert. Es heißt:
„Die Guten und die Bösen.“
Die Guten sind natürlich immer die Meinungsführer eines Blocks. Abstrakt: natürlich Wir! Solange es genug Schuldige gibt für Pannen, Pech und Pleiten, kann man die Massen nach Belieben lenken. Hauptsache, die eigene Lobby kontrolliert die Fleischtöpfe. Dafür braucht man das Volk. Dieses motiviert man mit populistischen Methoden. Dann tun sie alles für dich. Allerdings sind die Fleischtöpfe nicht für diese Statisten gedacht. Wo kämen wir da hin?
Es ist ein globales Kasperltheater!
Geändert wird natürlich nichts. Warum auch? Funktioniert doch! Der Eindruck, man bemühe sich verbissen um die Beseitigung der Missstände, reicht völlig. Manchmal genügt einfach eine nette Aktion, zum Beispiel für die Umwelt. Das tut dann allen gut.
Und wenn es misslingt? – Richtig! Dann sind die Anderen Schuld!
Gratulation! Sie haben den Crashkurs „Weltpolitik“ erfolgreich bestanden. Übrigens ist dieses Prinzip übertragbar auf jede politische Ebene.
Angeblich liegt das Geheimnis der Evolution im Wechselspiel von Versuch und Irrtum. Kann man auch das übertragen? Auf die Politik? Auf Wirtschaftsgesetze? Aufs Klima? Auf unseren Planeten?
Wer bestimmt eigentlich, was Erfolg wirklich ist?
„Schaun mer mal?“

2016
Dorf Lauenberg, 90 km südlich Hannover, BRD

Der Kampfpilot Garsson genießt seinen Urlaub. Äußerlich gelassen liegt er am Ufer des Bächleins „Dieße“, das dem Wald weiter oberhalb von Lauenberg entspringt. Hier in der Gegend kennt er sich gut aus. Das alte Schwimmbad nebenan besucht er, sooft es geht. Die Wälder ringsum sind ein Eldorado für Pilzsammler, Beerensucher – und Wilderer. Hinter dem nächsten Hügel liegen Fischteiche. Forellen. Die wenigsten davon bekommt der Besitzer zu essen. Den hat Garsson lange nicht gesehen. Sonst trifft man den alten Wabnitz oft hier im Revier, wenn er seine Schafe treibt.
Auch im Bach vor seinen Füßen stehen junge Forellen. Und Flusskrebse! Prächtige Exemplare, zwei davon reichen als Mahlzeit. Im Hintergrund der „Pfifferlingshügel“. An ihm kann man zu bestimmten Zeiten ganze Körbe voll dieser schmackhaften Pilze sammeln, wenn man gut zu Fuß ist. Der Waldweg dort führt in steilen Mäandern bergauf und öffnet sich einem verlassenen mittelalterlichen Steinbruch. Diesen Bruch will Garsson mit Acki, seinem Labrador-Rüden, näher untersuchen. Aber noch liegt er im Gras, schaut den ziehenden Wolken nach und den Flugzeugen, die über den Wolken ihre Kondensstreifen an den blauen Himmel malen.
„… manchmal geh ich durch die Straßen voller Glück …“, brummelt er leise und gibt damit seiner Stimmung Ausdruck, auch wenn seine Version nicht immer dem Original-Text entspricht.
Garsson hatte ein Dossier von der Abteilung „Sicherheit“ erhalten. Es ging um mögliche strategische Pläne von Herrn Polutkin. Er kannte ihn noch aus dessen Tätigkeit in der damaligen DDR. Ein Technokrat. Eiskalt. Ein schlauer Kopf und kühler Rechner, von dem Gefühlsduseleien nicht zu erwarten waren. Eben darum hielt Garsson die Gerüchte um Okkupationspläne der Russen für Westeuropa zwar für glaubhaft. Natürlich hatten die solche Pläne in der Schublade, genau wie die USA für jeden Staat dieser Welt vergleichbare Pläne bereit hielten. Aber warum sollten die Russen sich die Mühe machen und Millionen Rubel ausgeben für einen Feldzug, dem Europa außer den französischen Atomwaffen nichts entgegenzusetzen hätte? Vielleicht käme auch Hilfe von den USA? Mahlzeit! Sind zerbombte Städte eine Hilfe? Außerdem bräuchte Polutkin nur den Gashahn zuzudrehen. Schon bräche in Europa alles zusammen. Auch die Moral.
Dann die immer mal wieder auftauchendenden Gerüchte über einen bevorstehenden Weltuntergang durch absichtlich in Marsch gesetzte Kometen. Er glaubte nicht an geheime Mächte. Die Realen waren bedrohlich genug!
Garsson schüttelte alle Untergangsszenarien ab, schaltete seinen Discman ein und pfiff dem Hund.
Im Kopfhörer natürlich sein Lieblingsoldie von der DDR-Gruppe „Karat“: „Über sieben Brücken musst du geh´n …“

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