Gewittersturm in Ungarn

Schwül ist es, wie jeden Abend. Um 22:00 Uhr sehen wir ein Wetterleuchten über Balatonfüred. Ein heftiger Wind setzt plötzlich ein. Nervös blinkt die Sturmlampe in Tihany. Wir sitzen im Vorzelt des Wohnwagens, dass direkt zur Sturmrichtung steht. Die Plastikpanoramascheibe flattert und knallt.
Anscheinend tobt nicht weit entfernt ein Gewitter, wie wir es schon häufig erlebt haben. Wir hoffen auf ein paar Regentropfen und gehen zum Ufer. Die Luft weht kräftig und ist sehr erfrischend.
Plötzlich ein immer lauter werdendes Brausen. Laut wie ein D-Zug der auf uns zurast. Wir erreichen das Vorzelt und sehen, als der Sturmwind uns erreicht, wie sich die Frontseite des Zeltes nach innen beult.. 20 bis 30 Sekunden, dann lässt de Druck nach und das Brausen ist über uns hinweg. Nach ein paar Atemzügen kommt die nächste Attacke.
Der Sturm brüllt mit all seiner Kraft gegen das Zelt - und wieder darüber hinweg. Mein Herz klopft. Ich habe Angst, weil ich nichts machen kann. Was Menschen tun können ist getan.
Ein fester Stoff, gute Nähte, fest verankert. Und trotzdem sind wir hilflos ausgeliefert.. Nur ein klein wenig mehr Druck? Was schert den Sturm unsere Angst.

Was bilden wir uns ein, entgegen unserer Erfahrungen, das Zelt so hinzustellen, nur wegen der schönen Aussicht!

Jeder Umweltfrevler sollte so eine Gewitternacht mit Orkanböen ohne schützende Stein- oder Betonwände einmal erleben. Mir kommen viele Gedanken im Brüllen und Brausen des Sturms.

Immer wieder stößt er die Luft gegen die Frontseite unseres Vorzeltes. Sturmleinen haben wir längst gezogen.
Reflexartig halte ich, wenn sich die Zeltwand nach innen beult, von innen die Hände dagegen.
Ich weiß, ich kann nichts halten oder retten. Meine Mal - und Schreibsachen konnte ich im Wohnwagen verstauen. Der Hausrat, der im Vorzelt aufgebaut ist, passt nicht hinein und muss bleiben wo er ist.
Ab und zu kommt der Gedanke: wenn es reißt, ist alles weg!
Nach einer Stunde, für uns eine Ewigkeit, zieht das letzte Geheul über uns weg. Es ist schlagartig still, so still.
Wir gehen hinaus und hören in der Dunkelheit am Strand die Brandung. Das Gewitter kommt nun näher.
Kaum sind wir im Wohnwagen, ist rund um uns Feuerwerk und Donner.
Schlag auf Schlag. Der Wohnwagen bebt. Ein Blitz schlägt ganz in unserer Nähe ein und gleichzeitig ein fürchterliches Krachen. Ich kann den Blitz riechen. Etwas wie Schwefel und Ozon, aber nur ein Hauch. 10 bis 20 mal kracht es, dann ziehen die Blitze weiter und es ist wieder ruhig.
Aber nur für 10 Minuten
Dann fallen große Tropfen auf Wagen und Zelt.
Der erlösende Regen kommt ein wenig zu heftig. Aber was ist schon unser Menschenmaß.
Es regnet, pladdert, schüttet. - und ist vorbei.
Himmlische Ruhe. Nun können wir schlafen.
Leider doch nicht. Eine Motorsäge fängt an zu kreischen. So aufgewühlt wie wir sind und so neugierig, gehen wir in die Richtung des Lärms.
Auf der Straße neben dem Campingplatz liegt eine Pappel über dem Fahrweg. Die Feuerwehr ist im Einsatz und zersägt den Baum, damit er von der Straße gezogen werden kann.
Um 2:00Uhr ist dann endgültig Ruhe.
Am Morgen entdecken wir, dass der Olivenbaum 20 Meter hinter unserem Wohnwagen den Sturm nicht überlebte, oder den Blitz?
Gespalten, verdreht und abgebrochen steht der Rest nun da.

Am Mittag erleben wir ein weiteres Gewitter mit noch mehr Sturm und gleichzeitigem Regen.
Dieses Mal drückt der Winddruck das Wasser durch die Zeltleinwand des Hubdaches von unserem Wohnwagen. Der Druck ist enorm. Das Wasser läuft aufs Bett. Komischerweise habe ich jetzt im Tageslicht keine Angst.

Die nächsten 2 Gewitter kommen ohne den Sturm und Regen. 36 Stunden dauert es bis wieder die Sonne scheint.

Mein Vorsatz: Ich werde mich in Zukunft, auch durch das allerschönste Panorama, nicht wieder verleiten lassen, das Vorzelt zur Windrichtung hin aufzubauen.


 

zurück