Leseprobe:
Jack´s Eiland - Insel der Marquesas / Mit der KI um die Welt (Gudrun Strüber)


Ab Seite 91

„Jack, weißt du, dass wir uns erst 15 Tage kennen. Heute vor 15 Tagen kam ich zum ersten Mal zu deiner Hütte. Es ist kaum zu begreifen. Eine völlig andere Welt. Ein ganz anderes Leben. Ich brauche etwas Zeit. Ich glaube nach dem Essen werde ich mir die Insel ein wenig näher ansehen. Gern würde ich auch zum Strand gehen und im Meer baden. Geht das?”
Jack schmunzelt und sagt: „Aber sicher. Du brauchst dir übrigens keine Gedanken zu machen – ich finde du hältst dich sehr gut. Ich habe damals wesentlich mehr „Theater” gemacht. Geh nur und erhole dich gut. Ich werde weiter in diesem guten Buch lesen. Sonia, meine Zeit kann nur noch kurz sein und ich möchte doch noch so viel wissen.”
„Sieh mal, da kommt unser Essen.”
Robbi schwebt herbei und packt seine Sachen aus. Ein leckeres Fischgericht mit Wurzelgemüse und Süßkartoffeln gibt es heute. Dazu zaubert der Roboter noch einen guten Weißwein auf den Tisch. Zum Dessert gibt es Mangos.
Sonia fühlt sich wie im Traum. So isst und trinkt sie und ist mit den Gedanken überall, nur nicht hier. Auch bei ihrem anschließenden Spaziergang kann sie sich lange nicht konzentrieren. Robbi folgt ihr in einiger Entfernung.
Er sagt: „Ich begleite dich, nicht um dich zu bewachen, sondern um dich zu beschützen und um dir zu helfen, falls du Hilfe brauchst.”
Nach und nach nimmt die wunderschöne Natur Sonia doch gefangen. Die Farbenpracht der Blumen und Blüten ist einmalig schön. Die Pflanzen wachsen hier mit solch enormer Kraft wie sonst nirgends auf der Welt. Die Umweltbedingungen sind ja auch ideal. Feuchtigkeit, Wärme, Licht, alles reichlich vorhanden. Hier im Talkessel auch noch etwas windgeschützt. Es ist wirklich wie im Paradies. Mehrere Stunden läuft Sonia auf einem Pfad in Höhe ihrer Terrasse rund um das Tal. Als sie gegen Abend wieder vor ihrer Wohnung steht, ist sie mit sich und der Welt wieder zufrieden. Sie hat Robbi inzwischen auch gefragt ob und wo sie im Meer baden kann, aber das Bad dann auf Morgen verschoben, da die Sonne schon dicht am Horizont steht.
Teriieroo erwartet sie mit einem köstlichen polynesischen Abendessen. Ein Mus aus Avocado schmeckt Sonia besonders gut. Die Früchte des Brotbaumes kennt sie ja schon. Dazu trinken die beiden Paradiesbewohner heute Kava.

Jack fragt nach der Mahlzeit: „Sonia, wie war dein Leben in Deutschland?”
Da er jetzt deutsch spricht, geht die Unterhaltung recht leicht dahin. Sonia berichtet über die Ausbildung, die Arbeit, ihre permanente Wohnungssuche, weil sie so oft den Arbeitsplatz wechseln musste. Sie reden über Kulturereignisse wie Theaterpremieren und auch über einen beruflichen Einsatz bei einem Interview bei den Wagnerfestspielen in Bayreuth.
Am späten Abend fragt Jack lächelnd: „Wie ist dein Verhältnis zu den Männern? Warst du einmal verheiratet?”
Nun stockt Sonia. Sie überlegt, soll sie wirklich alles erzählen? Ihren Frust und ihre Enttäuschungen?
Dann siegt aber ihr Vertrauen zu diesem Mann und sie berichtet: „Es gibt eine handvoll Namen in meinem Leben, aber es sind überwiegend schmerzhafte Erinnerungen. Schon das Kennenlernen von eventuell passenden Partnern war recht schwierig. Ich bin nach europäischen Maßstäben keine Schönheit – ich falle nicht auf. Wenn ich selber die Initiative ergriffen habe, er- und verschreckte ich die Männer oft.”
Jack nickt: „Ja, so kenne ich die Europäer auch. In Polynesien ist das etwas anders.”
Sonia berichtet weiter: „Wenn sich ein Mann auf eine Beziehung mit mir eingelassen hatte, war es oft schon vorbei, wenn er merkte, dass ich meinen eigenen Kopf hatte. Hielt so eine Partnerschaft länger, gab es auch noch die vielen Missverständnisse, was der eine vom anderen erwartete. Um nicht allein zu sein, habe ich zu oft nachgegeben. Dadurch wurde ich ausgenutzt und benutzt. Zweimal wurde ich – einfach so – verlassen. Die Männer gingen ohne Kommentar. Einmal hatte ich die Kraft den Mann aus der Wohnung zu werfen, bevor ich an seinen Erwartungen zerbrach.
Meine Wünsche an eine Partnerschaft auf der Grundlage des gegenseitigen Verstehens wurden in keiner Beziehung erfüllt.”
Sonia schwieg eine Weile, dann sagte sie: „Also im Großen und Ganzen nichts Erfreuliches. Die Suche nach einem Partner fürs Leben ist für mich beendet. Nur die Sehnsucht ist geblieben.
Das letzte erfreuliche Gespräch mit einem Mann”, sie lacht Teriieroo an, „außer mit dir natürlich, war mit Paco auf der Hafenmauer. Ich glaube, der hat mich so gesehen, wie ich bin. Wir haben zusammen gelacht und auch ein wenig geflirtet.”
Sonia bekommt einen träumerischen Blick: „Ja, das war ein gutes Gespräch. Leider nur sehr kurz. Paco gefällt mir.”
Jack schmunzelt: „Und nun ist er so weit weg. Bist du traurig?”
Sonia verneint: „Hier zu sein bedeutet mir mehr. Ja, wenn Paco auch hier sein könnte? Aber, was wäre, wenn wir nicht zusammenpassen? Das Risiko ist zu groß. Keiner von uns könnte gehen! Nein Jack, es ist gut so, wie es ist. Wir beide verstehen uns auf einer anderen Ebene. Ich mag dich wie einen Vater oder Großvater und bin nicht allein. Sexualität macht viele Probleme – ich will nicht mehr.”
Nun lacht Jack und meint: „Es ist noch nicht aller Tage Abend, so heißt doch ein deutsches Sprichwort. Und ein anderes sagt: Zeit heilt auch Wunden. So liebe Sonia, für heute ist es genug. Sieh mal das Kreuz des Südens steht schon im Zenit. Es ist fast Mitternacht. Ich gehe schlafen und wünsche dir viele schöne Träume. Gute Nacht.”
Jack küsst Sonia väterlich auf die Stirn und geht in seine Wohnung.
Sonia sitzt noch eine Weile vor ihrem halb vollem Rotweinglas und denkt an „ihre” Männer. Langsam schiebt sich Paco immer wieder in ihre Gedanken: Was er jetzt wohl macht? Als wollte sie die Gedanken wegwischen, macht sie eine Handbewegung und wirft fast das Weinglas um.
Das ist nun für sie das Zeichen ihr Bett aufzusuchen.
Jacks Wunsch nach guten Träumen erfüllt sich. Sonia wacht am Morgen richtig glücklich auf. Sie kann sich aber nicht konkret an den Traum erinnern, nur dass Paco darin vorkam, weiß sie.

 

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