Leseprobe:
Die Abenteuer der Lilia Wolke (Lina Olabi)

FÜNF oder LILIA´S ERSTER FLUG

„Wer bist du?“, flüsterte Lilia erstaunt. Doch die Wolke sagte immer noch kein einziges Wort und lächelte sie fröhlich an.

Wolkes Lächeln machte Lilia mutig! Geschickt stieg sie über die Heizung auf das hohe Fensterbrett. Normalerweise musste sie sich immer auf die Zehenspitzen stellen, wenn sie ihr Fenster öffnen wollte. Von hier oben aber konnte sie den Griff so einfach runterdrücken wie eine Türklinke. Vorsichtig krabbelte sie durch das offene Fenster und tastete sich langsam zu Wolkes großem weißen Rücken vor.

Wolkes Körper war ganz warm und weich, aber trotzdem fest genug, dass sie darauf laufen konnte. Lilia stapfte schwankend bis zum Kopfende. Dort angekommen, blieb sie stehen. Doch nichts passierte!

Ratlos schaute sie sich um und hielt ein wenig den Atem an, damit sie besser denken konnte. Nach genau sieben Sekunden ohne Luft fing sie auf einmal an zu sinken.
Immer weiter sank sie in Wolkes Körper hinein. Unten angekommen, formte Wolke einen kleinen Sitz für sie. Anschnallgurte gibt es in Wolken nicht, wie du dir denken kannst!
Aber an ihren Seiten sind kleine Griffe aus weißem Mäusespeck befestigt, an denen du dich festhalten kannst. Der Rest von Wolken ist genauso weiß, wie die Mäusespeckgriffe. Deshalb kannst du sie nur schwer erkennen! Am besten, du fühlst sie, anstatt nach ihnen zu sehen!

Erst als Lilia sich rechts und links an den Griffen festhielt, stiegen sie langsam auf. Wolke wackelte und bebte und in Lilias Bauch kitzelte es, als würden darin tausend Schmetterlinge flattern! Wolke brummte leise und begann nach rosa Zuckerwatte zu riechen.

„Ich fliege!“, flüsterte Lilia aufgeregt. Vorsichtig schwebten sie um den Schornstein von Lilias Haus herum und stiegen so lange nach oben, bis sie dieselbe Höhe erreicht hatten wie die Vögel im Himmel. Ihr Haus wurde mit jedem Meter kleiner und sah irgendwann wie das winzige Puppenhaus in Lilias Zimmer aus. Bis es schließlich ganz verschwunden war.


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