Leseprobe:
Die Farbe Schwarz (Rabenschwester)


Fragen an die Mutter

Ich schaue zurück und frage mich: Warum schützest du uns nicht?
Er war DEIN Mann, DU wolltest ihn – wir mussten mit, wo sollten wir auch hin?
Beim ersten Treffen war er besoffen, so haben wir ihn angetroffen.
Ich verstand es nicht, fand es spannend am Anfang,
begriff die Konsequenzen nicht, doch die Spannung währte nicht lang …
Bemüht mich um seine Liebe, bekam stattdessen nur Schimpf und Hiebe.
Fühlte mich ausgeschlossen und allein, konnte nie gut genug sein.
Du hast oft nur zugesehen: Nie versucht mich zu verstehen,
nicht zugehört, überfordert mit der Situation, war ich oft Ziel der Frustration.
Wir konnten nicht auf dich bauen und uns dir nicht anvertrauen.
Missbrauch blieb so lang verschwiegen,
konnten wir doch kein Verständnis kriegen.
Aus Angst davor, dass uns niemand glauben würde,
sagten wir nichts, trugen alleine diese Bürde.
Eines Tages erfuhrst du davon, doch es änderte sich nichts an der Situation.
Sobald es ging, flohen wir beide aus dem Haus, egal, wohin wir wollten nur raus.
Viele Jahre sind seit dem vergangen,
und trotzdem sind wir noch immer gefangen.
Loslassen und weitergehen, mit dem Alter mehr Dinge verstehen.
Und doch ist es manchmal schwer:
Ist alles schwarz und ich fühle mich leer.
Du hast dich verändert mit den Jahren,
dich bemüht mehr von uns zu erfahren, dich bemüht für uns da zu sein.
Drum lass ich Vergangenheit Vergangenheit sein.
Freu mich über das, was wir jetzt haben,
werde größer, überwinde den Graben.
Und doch …

Manchmal schau ich zurück und frag mich:
Warum schützest du uns nicht?

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