Rezension
Buchwurm - Online Magazin
Gottesgen / Jungfrauen für die Götter
Die Schulmeinung über Herkunft, Alter und Frühgeschichte der
Menschheit gerät seit einiger Zeit beständig ins Schwanken -
zumeist aufgrund allerlei seltsamer Funde, die sich partout nicht in eines
der Aktenzimmer des eckigen Baukastensystemgebäudes ihrer Theorie
einsortieren lassen wollen. Dabei findet immer wieder etwas Anpassungsarbeit
statt, aber es gibt auch völlig andere Ansätze, die das gesamte
Gebäude praktisch niederzureißen imstande sind und aufgrund
ihrer ernsthaft erwägbaren Überlegungen eine überdenkenswerte
Beachtung verdient haben.
So hat sich beispielsweise in 'Das Gottesgen' eine Autoreninitiative angeschickt,
ihre Beobachtungen und Gedanken aus dem Bereich der Paläo-SETI vorzustellen,
also der Möglichkeit menschlichen Ursprungs durch außerirdischen
oder frühen hochkulturellen Einfluss. Dabei wählt man in diesem
Falle einen Ansatz, der in den Mythen der Menschheit begründet liegt
und mit der in Wissenschaftskreisen durchaus diskutierten These ansetzt,
dass Mythen - wie die Bibel und andere 'Heilige Bücher' wie Mahabharata
(Indien), Popul Vuh (Mayas), Sohar (jüdisch), Koran (Islam) oder
Gilgamesch-Epos (mesopotamisch) - durchaus nicht nur gleichnishaft formuliert
sind, sondern oftmals reale Geschehnisse wiedergeben, die nur eine bildhafte
und sprachlich angepasste Transformation erfahren haben und nun von uns
'entschlüsselt' werden müssen. Eine solche Vermutung des Realcharakters
liegt bereits aufgrund einer frappierenden Übereinstimmung der Grundzüge
der Bücher nahe. Diesen Schriften widmen sich die Autoren in vier
gut verständlichen Aufsätzen, wobei einzelne Textpassagen unter
obiger Prämisse unter die Lupe genommen werden.
Die Schöpfungsmythen werden als genetische Züchtungsakte verstanden,
Chimären - Mischkreaturen - aus den Mythen finden Eingang in die
Überlegungen, auch Traditionen der Ehebindung und Sexualverbote und
-gebote werden im Hinblick auf Zuchtauswahlerhalten analysiert. Wichtig
ist dabei, dass innerhalb von Vorwort, den Artikeln selbst und insbesondere
in 'Wege zur Interpretation von Mythen' von Dr. Walter Kiefl auf mögliche
Kritikpunkte dieses Ansatzes eingegangen wird und eine fundierte Begründungsfindung
und Berechtigungsgrundlage für diese unkonventionelle Herangehensweise
angestrebt wird, auch wenn es etwas mühselig ist, sich stets vor
den Schulwissenschaften behaupten zu müssen, die ihre Vormachtstellung
lediglich aus einer Traditionsentwicklung und nicht etwa einem Wahrheitsanspruch
heraus ableiten können.
Die genauen Thesen und Analyseinhalte möchte ich an dieser Stelle
nicht ausführen, um dem Leser die Neugierde zu erhalten. Es sei lediglich
gesagt, dass das gesamte Buch eine Lesefaszination ist, viele Aha-Effekte
in sich birgt und ein staunenswertes Gesamtbild modelliert, das zu weiterer
Lektüre in diesem Themenbereich reizt. Lediglich der - ansonsten
vielfach gut durchdachte - Text 'Das Gottesgen' von Charlotte Halink,
der zum Teil auf eine ungewöhnliche, aber dadurch sehr faszinierende
Neuübersetzung des Alten Testamentes von Dieter Vogl zurückgreift,
für meinen Geschmack in seinen Schlüssen aber etwas zu weit
ausholt und in der zeitlichen Abfolge schwer nachvollziehbar ist, könnte
durchaus noch einmal auf Stichhaltigkeit geprüft werden; hier beschränke
ich mich auf die dargestellten Einzelfakten und folge in den Schlüssen
lieber 'Göttliche Experimente' von Werner Betz und 'Jungfrauen für
die Götter' von Gudrun Strüber.
Neben zahlreichen Quellenangaben im Text ist dem Buch ein Literaturverzeichnis
beigefügt, das zum Schmökern einlädt, außerdem werden
die Autoren in einer Kurzdarstellung vorgestellt. In der Summe ein sehr
empfehlenswertes Taschenbuch für alle, die neue Horizonte des Denkens
zu öffnen willens sind.
Rezension von Monika Wunderlich
»Eine vollkommen aufgeklärte Vergangenheit wäre ja vielleicht
sogar ein wenig langweilig, weil sie uns keinen Raum ließe für
Spekulationen ...«
Die zwei Autorinnen und zwei Autoren spekulieren nicht nur, sie haben
auch recherchiert (sechs Seiten Literaturverzeichnis) und präsentieren
uns ihre Gedanken zum »Gottesgen« wortgewandt mit beißender
Ironie, triefendem Sarkasmus, schwarzem Humor und einem fundierten Wissen
über das Buch der Bücher. Dabei stellen sie Thesen auf wie:
»Weshalb bevorzugen Männer seit altersher unberührte Jungfrauen
als Ehefrauen? Hatte das etwas mit der Zuchtauswahl zu tun?
Warum werden auf antiken Darstellungen häufig merkwürdige Mischkreaturen
dargestellt - Kentauren, Sphingen? Sind es göttliche Experimente?
Sind es gar Produkte prähistorischer Genmanipulationen?
Und was hatte es wirklich auf sich mit dem Gott Jahwe? Züchteten
Außerirdische sein 'auserwähltes Volk'? Und wenn, für
welchen Zweck?
Ist der Mensch vielleicht ein Bioroboter, geschaffen von hochintelligenten
Außerirdischen?«
Halink, Betz, Strüber und Kiefl setzen sich unter anderem mit solchen
Fragen in diesem spannenden Band der Autoreninitiative auseinander - und
sie liefern uns faszinierende Neuinterpretationen. Eine anregende und
köstliche Lektüre!
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