Ungarn - Unsere
Idee vom Campingurlaub
Als wir 1972 zum ersten Mal zum Camping fuhren, wählten wir diese
Form des Urlaubs aus finanziellen Gründen, aber recht schnell wurde
uns klar, dass wir durch die Beschränkung auf das Wesentliche (Dach
Bett Kochtopf, Löffel) uns auch sehr gut auf das Wesentliche in uns
konzentrieren konnten. Der Kontakt mit der Natur ist sehr viel intensiver,
auch die Auseinandersetzung mit ihr.
Das wird jeder verstehen können, der ein starkes Gewitter oder einen
Sturm ohne schützende Steinmauern und Dach erlebt hat. Die Erfahrung,
was in solchen Augenblicken mit uns selber passiert, ist nicht mit Geld
zu bezahlen. Man kann es auch nicht erzählen, das sollte jeder Mensch
einmal selbst erleben. Einen Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang im Freien
sitzend zu beobachten gehört zu den wunderschönsten Augenblicken.
Sehr wichtig beim Campen ist uns auch immer die Möglichkeit der Improvisation,
mit den vorhandenen Mitteln etwas zu bewirken.
Eine unserer liebsten Anekdoten erzählt von dem Regentag, an dem
ich die Trainingshosen der Kinder mit der Bratpfanne trockengebügelt
habe, und als Manfred mit einem spitzen Hering (Zeltnagel) eine kalte
Lötstelle am Radio eines Zeltnachbarn gelötet hat, so dass das
Radio wieder funktionierte.
Die Freiheit, den Tag so einzuteilen wie es uns passt, kann uns kein Hotel
bieten. Die Kleidung, die wir zu den Mahlzeiten tragen, wird durch nichts
reglementiert. Campingplatzordnungen betreffen fast nur den Schutz der
Camper (Lärmschutz z.B.). Der Kontakt zu den benachbarten Campern
kann, wenn wir es wünschen, auch sehr intensiv sein. Eine Freundschaft,
auf dem Campingplatz geschlossen, hat fast 20 Jahre angehalten.
Sehr interessant sind auch die Kontakte zu der Bevölkerung des jeweiligen
Landes. Da wir ja Selbstversorger sind, kaufen wir in den Läden der
einheimischen Bevölkerung ein und essen die einheimischen Produkte.
Mit Freundlichkeit und ein paar Brocken der Sprache lässt sich fast
immer ein Kontakt herstellen. Auf diese Art und Weise wurde uns schon
mancher Wunsch erfüllt, oder es kam ein Gespräch zustande.
Da sich unsere Bedürfnisse mit den Jahren änderten, wuchs auch
unser Zelt. Aus einem Dreipersonenzelt wurde ein Vierpersonenzelt, dann
ein Klappzelt mit zwei Schlafkabinen. Erst als wir ohne unsere Kinder
in den Urlaub fuhren, kauften wir uns einen Wohnwagen.
Da wir unserem Prinzip nicht untreu werden wollten, suchten wir uns einen
Wohnwagen, der genau dazu passte. Unser Eriba bietet uns ein Dach, ein
gutes Bett, das wir nun auch schon nötig haben, einen Gasherd, einen
Kühlschrank, eine Heizung, diversen Stauraum für Kleidung und
Bücher und einen kleinen Sitzplatz.
Je nach Urlaubsziel und Art nehmen wir ein Sonnensegel oder ein Vorzelt
mit. Denn mit dem Wohnwagen sind wir nun flexibler. Wir fahren oft von
einen 0rt zum anderen und bleiben an jedem, solange er für uns interessant
ist. Nach wie vor verzichten wir auf Fernseher und Klimaanlage. Wir frühstücken
wenn möglich "draußen vor der Tür" und haben
viel Zeit zum Nachdenken.
Ich weiß, dass es auch andere Formen des Campinglebens gibt. Ich
kann sie akzeptieren, aber ich muss zum Beispiel nicht verstehen, warum
Urlauber mit vollklimatisierten Wohnwagen in heiße Länder fahren
und dann nur im Wohnwagen sitzen und fernsehen, damit sie sagen können:
"Wir waren in Ungarn oder Spanien."
Verstehen kann ich Jugendliche, die vielleicht zum ersten Mal ohne Aufsicht
Urlaub machen und dann über die Stränge schlagen, mit Alkohol
und lauter Musik. Das hatten wir in diesem Urlaub zweimal. Die jungen
Leute verhielten sich sofort leiser, als wir sie freundlich auf die Störung
hingewiesen haben.
Das Abschalten vom Alltag geht beim Campingurlaub relativ schnell. Das
Einstellen auf die besonderen Gegebenheiten des Landes, des Platzes und
des Wetters erfordert erst einmal volle Konzentration. Und danach ist
man "da".
In diesem Jahr war mein deutscher Ordnungstrieb, z B den Campingplatz
aufzuräumen, hier Schwung ins Arbeitsleben zu bringen usw. weitgehend
erlahmt, bis wir deutsche Nachbarn bekamen, die auch meinten, hier muss
mal deutsche Gründlichkeit Einzug halten. Leider erlitt ich sofort
einen Rückfall und glaubte nun auch wieder, hier müßte
etwas geändert werden. Dann erlebte ich eine selbstverständliche
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft in der Rezeption, die nun überhaupt
nicht deutsch war, sodass ich mich wieder aufs Wesentliche besinnen konnte.
Es ist in Ordnung so, wie es ist. Wäre der Platz anders, hätten
wir mehr deutsche Gründlichkeitsfanatiker hier und keine Ruhe mehr.
Je älter wir sind, desto mehr müssen wir aufpassen unsere Freiheit
im Urlaub zu erhalten, denn die Gewohnheiten, denen wir ja entfliehen
wollen, holen uns ganz schnell ein. Der Satz: "Das haben wir immer
so gemacht" oder "das machen wir nie" sollte jedenfalls
gut überlegt werden.
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