Leseproben:
Mit Tim durch das Jahr

Tim und der Weihnachtszauber (Michaela Schreier)

Seite 5
Mürrisch wirft Tim die Haustür ins Schloss. Er versenkt seine Schultasche in die hinterste Ecke des Hausflurs und stapft polternd Richtung Küche. Frau Schubert, seine Mutter, rührt weiter in ihrem Kochtopf und zieht erstaunt eine Augenbraue nach oben. Na, da scheint ja einer ziemlich schlechte Laune zu haben, denkt sie.
„Hallo, mein Schatz! Wie war es in der Schule?“, fragt sie betont fröhlich, als Tim den Raum betritt.
„Doof!“, antwortet der und lässt sich auf seinen Stuhl plumpsen. Frau Schubert schaltet den Herd aus und setzt sich zu ihrem brummenden Sohn an den Tisch. Sie zieht ihren Stuhl etwas näher an seinen.
„Hey, heute ist Freitag und du hast so schlechte Laune. Was ist denn passiert?“, fragt sie erstaunt.
Tim lehnt sich seufzend zurück und schaut sie mit einer Wut an, wie sie nur ein Achtjähriger auf­bringen kann. Dann bricht es aus ihm heraus:
„Lasse hat mich heute ausgelacht, als ich erzählt habe, dass ich meinen Wunschzettel an den Weihnachtsmann geschrieben habe. Er lachte und rief: ‚Du glaubst noch an den Weihnachtsmann? Du bist ja noch ein Baby!‘“ Wütend verschränkt er die Arme vor seiner Brust.
Tims Mutter atmet tief durch. Schließlich zieht sie ihren grummelnden Sohn an sich und nimmt ihn fest in die Arme. Tim entspannt sich ein wenig und lehnt sich mit den Rücken an sie.
„Mama“, flüstert er, „den Weihnachtsmann gibt es doch wirklich, oder?“
Tims Mutter ist froh, dass ihr Sohn nicht sehen kann, wie sehr sie nach den richtigen Worten sucht.
Doch dann setzt sie sich aufrecht hin und beginnt in einem ernsten Tonfall zu reden:
„OK, es ist wohl an der Zeit, dass ich dir etwas erklären muss.“
Tim sackt in sich zusammen und befürchtet das Schlimmste. Wird seine Mutter ihm jetzt sagen, dass Lasse Recht hat?
Er fühlt sich schon groß, aber an den Weihnachtsmann möchte er trotzdem noch glauben. Traurig sinkt Tims Kopf noch weiter auf seine Brust, während er den Worten seiner Mutter lauscht.
„Weißt du“, beginnt sie zögernd, „es gibt Kinder, die zu ganz normalen Erwachsenen heranwach­sen und Weihnachten feiern, wie jedes andere Fest auch. Doch andere ... “
Sie macht eine geheimnisvolle Pause.
Gespannt dreht sich Tim zu ihr um. Er wirkt nur noch halb so niedergeschlagen und wütend und fragt neugierig:
„Was ist mit den Anderen?“
Tims Mutter macht ein noch ernsteres Gesicht und erzählt weiter:
„Andere haben das große Glück und werden zu Weihnachtsexperten!“
Tim macht große Augen und starrt seine Mutter verblüfft an.
„Was ist denn ein Weihnachtsexperte?“
„Weihnachtsexperten“, erklärt Frau Schubert weiter, „sind Menschen, die genau wissen, warum Weihnachten ein ganz besonderes Fest ist.“ ...

Tim und der Kirchengeburtstag (Michaela Schreier)

Seite 65:
Wenige Augenblicke später unterhalten sich die Kinder auf dem Schulflur mit ihrer Religionslehrerin. Die muss schon genau zuhören, um aus den zusammengewürfelten Sätzen ihrer Schüler schlau zu werden.
„Jetzt mal bitte der Reihe nach, Kinder“, fährt sie schließlich dazwischen. „Ihr redet mich ja ganz schwindelig. Wenn ich richtig verstanden habe, wollt ihr ein Theaterstück vortragen und Pfarrer Krause hat euch den Inhalt vorgegeben.“
„Genau“, pflichtet Tim Frau Mars bei. „Und wir wollten von Ihnen wissen, wann oder was der Kirchengeburtstag ist?“
Frau Mars schmunzelt.
„Na, das wisst ihr doch auch! Pfingsten wird häufig als der Geburtstag der Kirche bezeichnet.“
Die Jungen schauen sich fragend an und zucken dann verständnislos mit den Schultern. Nur Marie nickt zustimmend.
„Pfingsten ist das Fest der Sendung des Heiligen Geistes“, erklärt Frau Mars.
„Wie Sendung des Heiligen Geistes?“, fragt Lasse dazwischen. „Wurde der etwa mit der Post versendet, oder was?“
Da muss Frau Mars lachen.
„Nein, natürlich nicht! Jesus hat seinen Freunden, den Jüngern, versprochen, dass er nach seiner Auffahrt in den Himmel den Menschen etwas von ihm zurücklassen wird: Den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist so etwas, wie die Kraft und die Gewissheit, dass Gott stets bei uns Menschen ist und uns schützt und führt. Genau fünfzig Tage nach Ostersonntag machte Jesus dann sein Versprechen wahr. Unter mächtigem Getöse kamen Feuerflammen vom Himmel, die sich auf den Aposteln niederließen.“
„Das muss denen doch wehgetan haben“, schimpft Tim.
„Nein, natürlich nicht. Die Flammen verbrannten die Jünger nicht. Das war der Heilige Geist, der sie erfüllte, mit der Kraft und dem Glauben an Jesus. Plötzlich konnten sie in allen möglichen Sprachen sprechen, die sie vorher nicht gekannt hatten.“
„Oh, wie cool! Das wäre doch irre, wenn so was auch bei mir in Englisch funktionieren würde“, ruft Lasse begeistert. Die Kinder kichern und auch Frau Mars kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Jedenfalls konnten sie so den Menschen in der ganzen Welt von Jesus berichten. Viele ließen sich noch an jenem besonderen Tag taufen. Das war der Beginn der christlichen Kirche, quasi ihr Geburtstag!“, endet Frau Mars, gerade pünktlich mit der Pausenglocke.
Die Kinder bedanken sich bei ihr und flitzen schnell in das Klassenzimmer. Dort angekommen versammeln sie sich um Tims Tisch.
„Sagt mal“, fragt der plötzlich, „spielt ihr eigentlich bei dem Theaterstück mit? Allein kriege ich das wohl nicht hin.“
„Ich spiele aber keine Hauptrolle“, protestiert Lasse.
„Lasst uns heute Nachmittag erst einmal überlegen, was überhaupt in dem Stück vorkommen soll“, wirft Marie ein.
„Das ist eine gute Idee“, findet Tim. „Wir treffen uns nach den Hausaufgaben bei mir und dann sehen wir weiter.“
Damit sind alle einverstanden. Sie setzen sich auf ihre Plätze und hoffen, dass die letzte Schulstunde schnell vorüber geht..

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